Die Krise als Chance genutzt

ANWR Unternehmensgruppe baut auf Mainhausen

Mainhausen ist für Schuh-, Sport- und Lederwarenhändler eine besondere Adresse, denn dort hat die ANWR Unternehmensgruppe ihre Zentrale. In seiner Funktion als Head of Communications spricht Ullrich Lüke darüber, wie es der Unternehmensgruppe und ihren Branchen seit Ausbruch der Pandemie ergangen ist und welche Zukunftsprojekte es gibt.

Auf den Fachmessen und im Ordercenter auf dem ANWR Campustreffen sich Hersteller und Händler. /Fotos: ANWR

Wir sehen auf drei schwierige Jahre zurück. Wie ist es der ANWR GROUP eG seit Ausbruch der Pandemie ergangen? Wie geht es ihr heute?
Das waren schwierige Zeiten mit unkalkulierbaren Risiken, denn mit solchen Rahmenbedingungen hatten wir – wie alle anderen auch – bislang noch nicht zu kämpfen. Wir als zentrale Unternehmensgruppe sind aufgrund unserer soliden wirtschaftlichen Basis gut durch die Krise gekommen. Das lag vor allem an der diversifizierten Kundenstruktur unserer beiden Banken. Intern haben wir schneller als geplant die Zusammenarbeit in die digitale Welt verlegt.

Wie wirkten die Lockdowns?
Die Lockdowns haben unsere Handelspartner massiv belastet. Der Schuh-, Sport- und Lederwarenhandel durfte die Geschäfte monatelang nicht öffnen. Der Umsatz brach ein. Die staatlichen Hilfen haben, auch dank unserer Intervention, gut funktioniert.

Ullrich Lüke ist Head of Corporate Communications der ANWR GROUP.

Gab oder gibt es Lieferengpässe?
Unsere Handelspartner spüren nach wie vor Lieferengpässe, das heißt bestellte Ware wird verspätet, manchmal gar nicht ausgeliefert. Das liegt zum einen an Problemen bei der Produktion und zum anderen an der Liefersituation aus Asien. Einige Hersteller möchten die Bestellungen gerne deutlich früher haben. Für den Handel ist beides schwierig. Saisonware, die zu spät kommt, lässt sich nicht mehr zum normalen Preis verkaufen, und eine Bestellung für die nächste Saison ohne den Abverkauf der aktuellen Produkte ist ebenfalls fast unmöglich.

Wie hart wurden die für ANWR wichtigen Branchen getroffen? Haben diese sich erholt?
Während der Schuh- und der Lederwarenhandel sehr gelitten haben, ist der Sportfachhandel robust durch die Krise gekommen. Produkte für Outdoorsport und Running waren sehr gefragt. Aktuell bewegen sich die Umsätze noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau. Die Rahmenbedingungen mit Krieg in der Ukraine, steigenden Preisen für Energie und viele andere Produkte sowie die Kaufzurückhaltung dämpfen den guten Weg erheblich.

Haben die Krisen auch positive Entwicklungen oder Veränderungen angestoßen oder beschleunigt?
Viele unserer Handelspartner haben die Krise als Chance genutzt, ihr Geschäftsmodell überprüft und auf eine neue, zukunftsgerichtete Basis gestellt. Ohne den Druck von außen wäre es nicht immer in der kurzen Zeit passiert. Auch die Digitalisierung im Handel geht voran.

Welche Risiken haben Sie derzeit besonders im Blick?
Ein Risiko für unsere Handelspartner ist der Frequenzverlust in den Innenstädten. Gemeinsam mit Politik und Handel leisten wir unseren Beitrag, um gegenzusteuern. Ein Risiko für den Handel sind auch Indexmieten, deren Anpassung an die Entwicklung der Inflation gekoppelt ist. Hier müssen wir gemeinsam gegensteuern.

Wie geht ANWR mit der Energiepreisentwicklung um?
Wir haben dies genau im Blick. Am Standort Mainhausen zum Beispiel achten wir darauf und sensibilisieren die Mitarbeitenden, sorgsam mit Strom und Heizung umzugehen. Zudem haben wir einen entsprechenden Notfallplan entwickelt. Unsere Handelspartner beraten wir intensiv zur Energieeffizienz. Gleichzeitig platzieren wir die Bedürfnisse des Handels in Bezug auf die Energiepreisbremse der Bundesregierung in enger Abstimmung mit dem Handelsverband Deutschland (HDE).

Faires und nachhaltiges Herstellen und Handeln ist heute gefordert. Wie wird ANWR diesen Ansprüchen gerecht?
Bei der Auswahl der Produktion und Lieferketten für die Eigenmarken unserer Gesellschaften berücksichtigen wir Aspekte der Nachhaltigkeit, unter anderem durch die Produktion in Europa, faire Arbeitsbedingungen und die Verwendung von natürlichen Materialien.

Wie beurteilen Sie damit zusammen­hängende Vorgaben, zum Beispiel das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz?
Wir begrüßen, fördern und unterstützen die Aspekte von fairem und nachhaltigem Handeln in unseren Geschäftsprozessen und -beziehungen. Es braucht dafür sicherlich Regeln und Vorgaben. Wir dürfen aber nicht in eine Überregulierung verfallen.

Wie steht die ANWR Unternehmensgruppe heute zum Thema Globalisierung?
Die Globalisierung hat zuletzt ihre politischen und logistischen Grenzen aufgezeigt. Sie sollte mit Bedacht und Augenmaß erfolgen. Viele Industriepartner verlagern Produktionsstätten wieder zurück nach Europa, auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit und der hohen Geschwindigkeit der Marktveränderungen.

Das ANWR Ordercenter O1 auf dem Campus Mainhausen soll einen Neubau erhalten. Welchem Zweck wird er dienen? Wann ist Baubeginn?
Die Raumkapazitäten des O1 sind ausgeschöpft und weitere internationale Hersteller aus der Schuh- und Sportindustrie möchten an unserem Standort mit Showrooms und auch Vertriebsbüros vertreten sein. Diesem Bedarf kommen wir mit dem Neubau nach. Der Baubeginn verzögert sich allerdings bis in das Jahr 2023 hinein.

Welche Bedeutung hat Mainhausen für die ANWR Unternehmensgruppe?
Der Standort ist überaus wichtig für unsere Gruppe. Über 500 Menschen arbeiten hier in den unterschiedlichen Gesellschaften. Der Campus lockt durch die Fachmessen und das Ordercenter jährlich Fachbesucher aus dem In- und Ausland an. Davon profitiert auch die Region.

Die Fragen stellte
Birgit Arens
IHK Offenbach am Main

Gemeinsam stark

Die ANWR Unternehmensgruppe fungiert einerseits als Genossenschaft, die ihre Mitglieder wirtschaftlich betreut und fördert. Andererseits ist die Unternehmensgruppe eine internationale Handelskooperation mit rund 5.000 angeschlossenen selbstständigen Unternehmen und Partnerschaften zu den wichtigsten Herstellern. Weitere 20.000 Unternehmen des Groß- und Einzelhandels nutzen über 80 internationale Verbände die Finanzierungsangebote über die DZB Bank GmbH in Mainhausen und die Aktivbank AG in Pforzheim und Frankfurt, die zur ANWR Unternehmensgruppe gehören.

www.anwr-group.com