Birgit Arens hat in den
Webshop der Zukunft
reingeschaut
Einkaufen im Internet sollte spannend sein wie ein Computerspiel, findet Andreas Wunderlich, Geschäftsführer von Qualitrade in Heusenstamm. Mit Frank Maagh, Geschäftsführer des Mainzer Unternehmens Exreal, verwirklicht er die „Gamification“ des Onlineshoppings.
Andreas Wunderlich (l.) und Frank Maagh schaffen neue virtuelle Einkaufswelten.
Foto: Arens/IHK
„Als das Internet und die Onlineshops kamen, war das nicht, was ich mir vorgestellt hatte. Schon Ende der 1990er-Jahre hatte ich die Idee für eine andere Art von virtuellem Shopping, bei dem man nicht nur schauen, sondern interaktiv agieren kann“, erklärt Andreas Wunderlich. Er vertreibt seit 20 Jahren online und stationär US-amerikanische Produkte, vor allem Nahrungs- und Genussmittel. Mit Maagh hat er einen Partner gefunden, der 3-D-Lösungen für erweiterte und virtuelle Realität (Augmented und Virtual Reality) entwickelt.
Mehr Spaß, mehr Ware
Das Shopsystem, das sie nun vorstellen, führt in dreidimensionale Einkaufswelten. Es ist komplett browserbasiert, denn eine App erwies sich als zu umständlich, da separate Fassungen für Smartphones mit verschiedenen Betriebssystemen, VR-Brillen und Desktop-PC erforderlich waren. So gehen Kundinnen und Kunden jetzt unkompliziert auf immersive Shopping-Tour – will sagen, sie tauchen in den Onlineshop ein. Das funktioniert nicht nur mit VR-Brille und Controller, sondern inzwischen auch mit Computer und Maus oder per Smartphone.
Im virtuellen Laden sehen sie Produkte im Regal stehen, können sie greifen, vergrößern, drehen und zum Beispiel die Produktbeschreibung auf der Rückseite der Verpackung lesen. Wenn sie möchten, legen sie einen Artikel vor sich in den Warenkorb. „Gegenüber einem normalen Onlineshop macht das Einkaufen im 3-D-Shop einfach mehr Spaß. Im Vergleich zum stationären Geschäft können Artikel ganz anders in Szene gesetzt und präsentiert werden“, macht Wunderlich die Vorteile gegenüber anderen Handelswegen deutlich.
Das Plus für den bestehenden Shop
Shop-Betreiber profitieren davon, dass das System als Erweiterung (Add-on) im Backend vorhandener Onlineshops eingesetzt wird. Sie müssen sich nicht in ein neues Content-Management-System einarbeiten und kein neues Know-how erwerben. Was angeboten werden soll, wird mit einem 3-D-Scanner erfasst. „Derzeit setzen wir dazu noch Spezialscanner ein“, erklärt Maagh. In ein paar Jahren genüge wahrscheinlich ein iPad. Das Sortiment lässt sich mit dem Warenwirtschaftssystem koppeln. Zum Checkout oder Bezahlvorgang geht es zurück in den ursprünglichen Onlineshop.
Wie das Ladengeschäft aussieht und eingerichtet ist, bestimmen der Betreiber oder die Betreiberin. Markenlogos oder Corporate Designs lassen sich einbauen, aber auch Pflanzen und Dekorationsgegenstände. Informationen, Türen und Räume – alles, was den Aufenthalt im Shop interessanter macht, kann hinzugefügt werden. Optional kann eine Audiofunktion genutzt werden. Auch Videos lassen sich einspielen.
Wie vorteilhaft es ist, einzelne Produkte in 3 D im Shop darzustellen, zeigt Maagh anhand eines Sportschuhherstellers. Dessen Ware wird dank 360°-Ansicht sehr plastisch präsentiert. Interessenten können die Modelle von allen Seiten betrachten, einen Blick ins Innere werfen oder die Sohle begutachten. Das kann das Risiko für Fehlkäufe und die Häufigkeit von Retouren deutlich vermindern. Ein Produzent von Spezial-Laptops nutze diese Möglichkeit im Vertrieb. Anhand von digitalen 3-D-Vorführgeräten lassen sich die Eigenschaften und Funktionen der Computer besonders genau vermitteln.
Die virtuelle Mall
Die Geschäftspartner haben noch viele Ideen. Sie experimentieren unter anderem mit dem Einsatz von KI, etwa zur Bildgenerierung, und arbeiten an anderen Einsatzmöglichkeiten wie Mitarbeiterschulungen. Aktuell seien erst die Grundfunktionen im System angelegt. In Zukunft könnten Kunden als Avatare im Onlineshop bummeln und sich miteinander zu Produkten austauschen. „In den Shops könnten zum Beispiel Gutscheine versteckt werden. Es geht darum, die Leute zu halten, zu fesseln, zu unterhalten und zum Wiederkommen zu bewegen. Ein solcher Laden kann eine unendliche Welt sein, in der sich die Kundinnen und Kunden gerne überraschen lassen. Überhaupt ist ein Shop nicht die Lösung. Mit ganzen VR-Einkaufszentren könnten wir unlimitierte Einkaufserlebnisse schaffen“, schwärmt Wunderlich.