Ein Paradies für heimische Arten im Gewerbegebiet
Zwei mit grünem Herzen
Auf über 14.000 Quadratmetern ist auf dem Grundstück der Held Systems GmbH in Dietzenbach ein Außengelände mit verschiedenen Lebensbereichen für Tiere und Pflanzen entstanden. Geschäftsführer Held, dem diese hohe ökologische Wertigkeit wichtig war, betraute den auf das Gebiet der Naturgärten spezialisierten und erfahrenen Freiraumplaner und Garten- und Landschaftsbaumeister Daniel Wiljotti aus Offenbach mit dem Projekt. Im Interview sprechen die beiden darüber.
Geschäftsführer Held (r.) und Landschaftsbaumeister Wiljotti (l.) haben das Firmengengelände der Held Systems GmbH in Dietzenbach naturnah umgestaltet.
Fotos: Held Systems GmbH
Herr Held, was macht Ihr Unternehmen und was war Ihnen bei Ihrem Umzug von Heusenstamm nach Dietzenbach wichtig?
Held: Wir bauen vor allem kundenspezifische Anlagen und Sondermaschinen mit Lasersystemen. In Dietzenbach fertigen wir Maschinen, die in die ganze Welt exportiert werden. Wir haben hier ein großzügiges Gelände mit moderner Fertigungshalle, Erweiterungsfläche und einem großem Außenareal. Die verkehrliche Anbindung ist super. Gleichzeitig blicken wir direkt ins Grüne, umgeben von Feld, Wiese und Wald. Bei der Gestaltung des Außengeländes und dem Bau des Gebäudes haben wir voll auf Nachhaltigkeit gesetzt. Ökonomisches Handeln und ökologische Verantwortung müssen ineinandergreifen. Nur so werden wir künftig erfolgreich wirtschaften können.
Herr Wiljotti, Sie haben das Konzept erarbeitet, den Entwurfsplan erstellt und mit Ihrem Team die Arbeiten umgesetzt. Was waren die wesentlichen Schritte?
Wiljotti: Nun, durch das Anliegen von Herrn Held, ein Außengelände mit hohem ökologischem Potenzial zu erstellen, das bewusst weit über die Anforderungen des B-Plans (Bebauungsplans) hinausgeht, hatte das Konzept von Anbeginn seine ganz ureigene DNA. Die nächsten Schritte waren dann jene: Wir haben eine Analyse der Bodenverhältnisse vorgenommen. Im Anschluss haben wir eine Bestandsaufnahme des Geländes und der angrenzenden Waldeinheiten und Wiesenbestände durchgeführt, um eine bestmögliche Vernetzung mit den später von uns gepflanzten Gehölzen zu erzielen.
Was kennzeichnet nun das von Ihnen erarbeitete Konzept?
Wiljotti: Das Hauptmerkmal ist sicherlich, dass ausschließlich heimische Bäume und Sträucher gepflanzt wurden. Lassen Sie mich an dieser Stelle bitte anmerken, dass ein Drittel unserer Insekten auf unsere heimischen Gehölze angewiesen ist. Die im B-Plan geforderte Anzahl von 145 Gehölzen haben wir um 100 Stück erweitert. Die geforderten 50 Prozent der Dachflächenbegrünung wurden sogar verdoppelt. Für die Begrünung der Fassadenteile haben wir Spalierobst gepflanzt. Anstelle einer im B-Plan nicht näher definierten Wiesenmischung haben wir eine hochwertige Regiosaatmischung ausgebracht. Ein begrüntes Rückhaltebecken fängt mehrere 10.000 Liter Wasser auf, unter anderem das Dachflächenwasser. Zusätzlich, also nicht im B-Plan gefordert, haben wir eine Streuobstwiese mit alten Apfelsorten angelegt. Ferner wurden Hügel und Senken errichtet. Hierdurch können sich noch mehr Kleinstlebewesen ansiedeln, gleichzeitig erhöht sich dadurch das Potenzial des Mikroklimas.
Was waren wichtige Faktoren bei der Umsetzung, was ist künftig geplant?
Wiljotti: Hier gibt es viele Faktoren, die Arbeitsabläufe haben immer zügig ineinandergegriffen, nicht nur vor Ort. Einen großen Anteil daran hatte nämlich auch Bernd Weber vom Stadtplanungsamt der Stadt Dietzenbach, der das Projekt mit seinem Fachwissen begleitet hat. Ferner müssen die verbauten Materialien von hoher Qualität und nachhaltig sein, ein Beispiel: Substrate müssen auf die jeweiligen Pflanzen abgestimmt und selbstverständlich frei von Torf sein. Für die Zukunft ist neben der Mahd der Wiesenbestände, auch eine Schafbeweidung geplant. Auch werden wir noch Habitate für Amphibien errichten. Wahrscheinlich ab Ende 2025 werde ich ehrenamtlich auf dem Gelände kleinere Exkursionen anbieten, ganz gleich ob für Schulklassen, Vertreter aus der Wirtschaft oder Privatpersonen.
Das mehr als 14.000 Quadratmeter große Außenareal der Held GmbH wurde ökologisch nachhaltig umgestaltet.
Sie brennen für den Artenschutz, Herr Wiljotti. Was treibt Sie an?
Wiljotti: Mich bewegt dazu, dass ich, wenn auch im Kleinen, etwas bewegen kann. Oder bei diesem Projekt gemeinsam mit Herrn Held. Und Antrieb gibt es sicherlich reichlich; schauen Sie, wir haben einen massiven Rückgang unserer Insekten zu beklagen, alleine über 50 Prozent unserer Wildbienen sind in ihrem Bestand gefährdet. Gleichzeitig sind jedoch über 80 Prozent unserer wichtigsten Kulturpflanzen auf Fremdbestäubung angewiesen. Nur noch 21 Prozent unserer Waldbäume weisen keine Kronenverlichtung auf. Nur noch acht Prozent unserer Fließgewässer sind in einem einwandfreien ökologischen Zustand, über 60 Prozent unserer Biotopeinheiten sind in ihrem Bestand gefährdet. Die Liste ließe sich weiter fortsetzen.
Welche Vorteile bietet Ihnen Ihr naturnahes Firmengelände, Herr Held?
Held: Unser Gelände kann zur Naherholung für unsere Mitarbeitenden genutzt werden, aber auch für Gespräche, Meetings und vieles mehr. Darüber hinaus bietet das Gründach Vorteile bei der Isolierung. Das Betriebsgelände ist wie eine grüne Visitenkarte nach außen. Wir erfüllen schon jetzt Nachhaltigkeitsstandards und wurden bei einem Nachhaltigkeitsranking von einem unserer Kunden auf Platz eins gewählt.
Was können Sie Unternehmen raten, die ihr Betriebsgelände umgestalten möchten, Herr Wiljotti?
Wiljotti: Ach, mit Empfehlungen tue ich mir schwer. Vielleicht ist es ein Einstieg, sich grundsätzlich mehr mit der Thematik Natur und Artenschutz auseinanderzusetzen und ein Verstehen zu entwickeln, dass ein gesundes Wirtschaften nur mit einer gesunden Ökologie funktioniert. Lohnenswert ist es allemal, für uns und unsere zukünftigen Generationen.
Die Fragen stellte Judith Müller, Team Standortentwicklung der IHK Offenbach am Main.
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