Die Mittel aus dem Landesprogramm erreichen die Bahnhofstraße

Wo Mühlheims Herz schlägt

Die Bahnhofstraße ist Mühlheims wichtigste Einkaufsstraße. Sie ist verkehrsberuhigt, aber keine Fußgängerzone. Hier werden die ersten Maßnahmen von „Zukunft Innenstadt“ spürbar. Drei Unternehmerinnen und ein Unternehmer berichten, wie sie das erleben.

Konstantinos Konstantinidis und sein Vater präsentieren Kräuter und Rhabarber, die in der Region angebaut wurden. / Fotos: Arens/IHK

Konstantinos Konstantinidis
Konstantinidis Feinkost Obst & Gemüse

Frisches Obst und Gemüse, mediterrane Schinken, Wurst und Käse, Hartweizenprodukte, Hülsenfrüchte, Pasteten, Weine und Öle – bei Konstantinidis Feinkost, Obst und Gemüse gibt es rund um die Woche, was sonst eher donnerstags auf dem Mühlheimer Markt zu finden ist. Das Familienunternehmen gibt es seit 1987 in der Bahnhofstraße und nach wie vor arbeiten die Eltern des Geschäftsführers mit.

„Zu unseren treuen Stammkunden sind neue, jüngere Leute dazugekommen. Sie wollen keine gespritzten Lebensmittel“, beobachtet Konstantinos Konstantinidis. Saisonale Produkte aus der Region machen deshalb den Großteil des Sortiments aus. Die Kräuter für die Grüne Soße kommen aus Oberrad, der Salat aus Darmstadt-Griesheim. Mozzarella und Ricotta bezieht er aus der Offenbacher L‘Abbate Käsefabrik. Er bietet Olivenöl von Kleinbauern an, die er kennt, und nach Fairtrade-Regeln erzeugte Avocados.

„Die Bänke hier in der Straße sind immer besetzt. Es könnte ruhig noch mehr Sitzplätze geben“, meint er. Einen Parkplatz gegenüber dem Laden nutzt er inzwischen für Stehtische, an denen seine Kunden ihre Snacks verzehren können. Aber es ist ihm wichtig, dass zusätzlich zum großen Parkplatz an der Rodau auch Parkplätze in der Bahnhofstraße bleiben. „An manchen Tagen wird es knapp für die Autos. Wenn wir hier eine Fußgängerzone bekommen, dann fahren die Leute lieber zu Edeka oder Tegut“, fürchtet er.

https://konstantinidis.business.site

Nadine Odabas´ Cafébar Kiosco18 ist inspiriert von der italienischen Espresso- und Aperitivokultur.

Nadine Odabas
Kiosco18

„Ah, ich habe schon gehört, dass du jetzt hier bist“, begrüßt eine Kundin Nadine Odabas und fragt, ob sie ihren Kaffee gleich mit zum sonnigen Sitzplatz vor dem Haus nehmen soll. Sie bringe ihr die Bestellung, antwortet die Gründerin und beginnt mit der sorgsamen Zubereitung in Barista-Manier. Im April hat sie eine Cafébar im Hochparterre des Hauses eröffnet, das sie bewohnt. „Ich bin Mühlheimerin“, erklärt sie. Als das Geschäft in dem kernsanierten Haus neu vermietet werden sollte, habe sie gedacht, „der Laden kommt zu mir“. „Die Bahnhofstraße ist das Herz der Stadt. Es gibt tolle Geschäfte. Aber ich habe einen Wohlfühlort vermisst.“ In den lädt sie jetzt ein. Sie hat dem Gastraum eine persönliche Note gegeben, um in mediterraner Atmosphäre Urlaubsstimmung aufkommen zu lassen. Ein angrenzender Bereich ist ihrem Concept Store vorbehalten. Dort präsentiert sie eine Auswahl an Wohnaccessoires, Papeterie und Geschenkideen kleiner Labels, die nachhaltig produzieren.

„Mühlheim war für mich lange nur eine Schlafstadt“, räumt Odabas ein. Bevor sie den Schritt in die Selbstständigkeit gegangen ist, hat sie 17 Jahre lang in verschiedenen Bereichen einer Fluglinie und als freie Journalistin gearbeitet. Nun will sie dazu beitragen, dass die Innenstadt urbaner wird und Menschen die Bahnhofstraße nicht nur zum Einkaufen frequentieren. „Sie bleibt zwar eine Durchgangsstraße, aber sie wird aufgewertet,“ freut sie sich über „Zukunft Innenstadt“. Auch im Außenbereich des Kiosco18 klappt es nun bei schönem Wetter ganz wunderbar mit dem Urlaubsfeeling.

www.kiosco18.de

Nina Bornemann
natürlichfrei. – nachhaltig einkaufen

Im März 2019 eröffneten Nina Bornemann und ihr Mann Andres den Unverpacktladen natürlichfrei in der Bahnhofstraße. Dort wird fast alles lose angeboten, damit wenig Verpackungsmüll entsteht und nur das gekauft wird, was tatsächlich gebraucht wird. „Am Anfang lief es sehr gut, aber wir haben coronabedingt Federn gelassen“, bekennt sie. Die ganze Unverpacktbranche leide darunter, dass viele Menschen ihr Einkaufsverhalten in der Pandemie geändert haben. „Unsere Stammkundinnen und -kunden sind weiter gekommen. Aber obwohl wir geöffnet hatten, ging das Geschäft zurück.“

Die kleine Café-Ecke im Eingangsbereich musste 2020 wegfallen. Dafür können Gäste seit November 2021 in einem Nebenraum mit schönen gebrauchten Möbeln und Blick auf das Straßengeschehen Platz nehmen. Weitere Sitzgelegenheiten bieten Pallettenbänke und -tische vor dem Laden.

Die Initiativen, um Mühlheims Innenstadt weiterzuentwickeln, unterstützt Bornemann. „Wir stehen im engen Austausch mit der Wirtschaftsförderung. Die Ansätze für die Bahnhofstraße sind gut, zum Beispiel dass die Anschaffung der Außenbestuhlung gefördert wird und Hochbeete die Straße verschönern. Ideen sind auf jeden Fall da. Feste wie der Maimarkt, den der Gewerbeverein initiiert hat und der zwei Jahre pausieren musste, beleben die Innenstadt. Solche Veranstaltungen könnten wir öfter ausprobieren“, schlägt die Händlerin vor.

www.natuerlichfrei.kaufen

Bei Events wie dem Maimarkt entdecken Menschen die Mühlheimer Innenstadt, meint Nina Bornemann.

Den schönsten Anblick in Mühlheim bietet laut einer Kundin Simone Schalanskys Pralinentheke.

Simone Schalansky
Annelie’s Tee Kaffee – Feines und Präsente

Wer gerne genießt, findet bei Simone Schalansky und ihrem Team köstlichen Kaffee und Tee, ausgefallene Pralinen und Schokoladen sowie eine Auswahl an herzhafter Feinkost. Außerdem führt sie Dekoartikel, Geschenke und Kerzen. Im September ist sie aus ihrem früheren Laden, zwei Häuser weiter, ausgezogen und der Bahnhofstraße treu geblieben. „Das ist der schönste Anblick in Mühlheim“, habe eine Kundin beim Betreten des neuen Ladens gesagt. Denn von der Tür steuert man direkt auf die Pralinentheke zu.

Die Geschäftsinhaberin engagiert sich im Mühlheimer Gewerbeverein e. V. – Gemeinschaft Mühlheimer Fachgeschäfte (GMF). „Wir achten auf die Innenstadt und wollen, dass sie noch wohnlicher, belebter und schöner wird. Der Mix an Geschäften ist gut und soll es bleiben. Die Bevölkerung und immer mehr Menschen aus der Umgebung kommen gerne in die Kernzone. Sie wissen, dass sie hier vieles am Stück erledigen können – einkaufen, zum Arzt gehen, ausruhen und einen Kaffee trinken“, sagt sie und berichtet von Kundinnen und Kunden aus Offenbach, Steinheim, Obertshausen oder Rodgau. Dass dank „Zukunft Innenstadt“ mehr flexibles Mobiliar zum Niederlassen einlädt und neue Pflanzen in Hochbeeten und Kübeln die Bahnhofstraße schmücken sollen, schätzt sie. Den Steg zur restaurierten Mühle hält sie für eine gute Idee: „Wenn die Mühle an die Bahnhofstraße angebunden wird, könnte sie ein attraktiver Ort zum Verweilen werden.“ Der große, kostenlose Parkplatz müsse unbedingt bleiben. Und ein paar Fahrradständer mehr dürften es ihrer Ansicht nach sein.

Kontakt

Simone Schalansky
Telefon 06108 792403
info@annelies-muehlheim.de

Autorin

Birgit Arens
Telefon 069 8207-248
arens@offenbach.ihk.de