Änderungen im Verpackungsgesetz unbedingt beachten!

Registrierung ist einfach und kostenlos

Das gilt jetzt, wenn Händler und Gastronomen Ware in Brottüten, Pizzakartons oder Kaffee-Bechern verkaufen.

IHK-Experte Peter Sülzen erklärt im Interview mit der Offenbach Post, wie sich die neuen Regeln auswirken und welchen Zweck sie haben.

Was ändert sich konkret mit den Neuerungen im Verpackungsgesetzes, die zum 1. Juli 2022 in Kraft treten?

Die Neuerungen betreffen vor allem diejenigen, die bisher von der Registrierungspflicht im Verpackungsregister nicht betroffen waren. Das sind auf der einen Seite solche Unternehmen, die bislang beispielsweise ausschließlich Um- oder Transportverpackungen im B2B-Geschäft in Verkehr gebracht haben.

Sie betreffen aber auch die große Masse an Unternehmen, die sogenannte Serviceverpackungen in Verkehr bringen. Das sind Verpackungen, die in der Verkaufsstätte mit Ware befüllt werden, um die Übergabe an den Endverbraucher zu ermöglichen oder zu unterstützen. Gemeint sind damit etwa Brötchentüten oder Pizzakartons, To-go-Becher, Tüten oder Folien für Obst, Gemüse oder Wurst, Einkaufstaschen, Schmuckschachteln beim Juwelier oder Cremedosen in der Apotheke. Wer als Unternehmer solche Verpackungen benutzt, muss bis zum 1. Juli im Verpackungsregister registriert sein. Dies gilt auch für diejenigen, die kein stationäres Geschäft haben, sondern ihre Waren auf Märkten und Festen in Verkehr bringen.

Müssen Betroffene sonst noch etwas beachten?

Ja. Das ist aber nicht neu. Grundsätzlich beinhaltet das Verpackungsgesetz zwei wesentliche Pflichten: erstens die Registrierungspflicht im Verpackungsregister und zweitens die Lizensierungspflicht bei einem zugelassenen Dualen System. Bei der Lizensierungspflicht gab es für die Serviceverpackungen eine Ausnahme, die es auch weiterhin geben wird. Diese zweite Pflicht, die Lizensierung bei einem Dualen System, kann übertragen werden beispielsweise von einem betroffenen Bäcker auf die vorgelagerte Stufe, also den Hersteller oder Vertreiber der Brötchentüte. Das heißt in der Praxis, der Bäcker kauft beim Hersteller oder Vertreiber bereits vorlizensierte Tüten. Darüber braucht er aber im Zweifelsfall irgendeinen Nachweis. Oft wird das auf den Rechnungen gesondert ausgewiesen. Wenn nicht, sollten Betroffene ihre Lieferanten nach der Vorlizensierung fragen. Hier sehe ich noch erheblichen Nachholbedarf.

Inwiefern wird das die Auswirkungen von Verpackungsabfällen auf die Umwelt verringern, was ja das große Ziel des Verpackungsgesetzes ist?

Am großen Ziel der Verpackungsreduktion ändert die jetzige Novellierung relativ wenig. Sicherlich wird es den einen oder anderen Einzelhändler geben, der künftig darauf verzichten wird, seinen Kunden Tragetaschen anzubieten. Aber das ist in der Gesamtmenge vernachlässigbar, zumal ja die Registrierung kostenlos und recht unkompliziert ist. Da erwarte ich von der nächsten Änderung zum 1. Januar 2023 größere Auswirkungen, nämlich wenn die Gastronomie ihren Kunden eine Mehrwegalternative anbieten muss.

Der Sinn der jetzigen Änderung ist aus meiner Sicht eher der, die Stoffströme besser erfassen zu können. Fakt ist, noch immer ist die Verpackungsmenge in den gelben Tonnen und Säcken größer als die lizensierte Verpackungsmenge. Das heißt, es landen dort noch immer zu viele Verpackungen, für deren Entsorgung niemand bezahlt hat. Ich vermute einmal, dass ein großer Teil dieser Zuviel-Menge dem Bereich der Serviceverpackungen zugeordnet werden kann. Daher, so meine Einschätzung, sollen die Neuerungen hier mehr Transparenz bringen und zugleich auch den Überwachungs- und Kontrolldruck erhöhen.

Wie reagieren die von der Änderung betroffenen Unternehmen auf die nun auch für sie geltende Registrierungspflicht?

Nach meiner Einschätzung noch viel zu wenig. Viele Betroffene haben die Registrierungspflicht noch nicht auf dem Schirm. Sie gehen davon aus, dass der Aufdruck auf der Rechnung der Pizzakartons oder Brötchentüten, „Lizenzgebühr bezahlt“, ausreichend ist. Das ist aber nicht der Fall. Da zugleich die Nicht-Registrierung mit Bußgeldern belegt und zudem abmahnfähig ist, befürchten wir für viele Betroffene ein böses Erwachen. Um das zu verhindern, versuchen wir als IHK alles, um die Gruppe der Betroffenen zu sensibilisieren.

Diejenigen aber, die von der Registrierungspflicht wissen, murren zwar gelegentlich über diesen zusätzlichen Aufwand der Registrierung. Da aber, wie gesagt, der Registrierungsprozess selbst, bis auf die genannten Stolperstellen, recht einfach und kostenlos ist, gibt es keine Gründe, dieser Verpflichtung nicht nachzukommen.

An welchen Stellschrauben kann und muss Ihrer Meinung nach noch gedreht werden, damit Verpackungsmüll in Zukunft ein weniger großes Problem ist?

Das Thema ist sehr komplex und kann nicht mit einzelnen einfachen Maßnahmen gelöst werden. Auch der Gesetzgeber kann das Problem nicht alleine lösen. Trotzdem möchte ich auf zwei Aspekte eingehen. Es gibt, aus meiner Sicht, noch immer viel zu viel Verpackung. Zwar stelle ich als eifriger Nutznießer des Wochenmarktes erfreut fest, dass immer mehr Kunden ihre eigenen Dosen und Taschen mitbringen, um so individuell Verpackungen einzusparen. Auf der anderen Seite findet man beispielsweise im Supermarkt leider noch immer Verpackungen, in denen drei oder vier Scheiben Wurst eingeschweißt sind. Das heißt, es gibt zwar schon sichtbare Verhaltensänderungen, aber hier muss sowohl von Produzenten- wie auch von Konsumentenseite noch viel, viel mehr passieren. Dazu kann und sollte jeder bei sich selbst anfangen.

Und außerdem?

Ein anderer Aspekt ist die Recyclierbarkeit von Verpackungen beziehungsweise ihre Substitution durch natürliche Verpackungsalternativen. Bei der Substitution hat, meiner Meinung nach, die letzte Änderung des Verpackungsgesetzes mit dem Verbot bestimmter Einwegkunststoffprodukte schon als erster Beschleuniger gewirkt. Einen ähnlichen Effekt erwarte ich mir von der schon erwähnten Pflicht zum Angebot einer Mehrwegalternative in der Außer-Haus-Gastronomie ab dem 1. Januar 2023.

Die Fragen stellte Lena Jochum, Offenbach Post