Strategien gegen den Fachkräftemangel

Menschen finden, bilden und binden

Nur mit gut qualifizierten Fachkräften können die Unternehmen in unserer Region ihre Zukunft sichern. Die IHK Offenbach am Main unterstützt sie dabei auf unterschiedlichen Wegen.

Die duale Ausbildung ist ein deutsches Erfolgsmodell und weiterhin der ideale Weg, um qualifizierten Fachkräftenachwuchs zu bekommen. / Foto: Phovoir – stock adobe

„Wenn die Babyboomer in Rente gehen, beginnen die Probleme“, titelte die Wochenzeitung Die Zeit am 17. Januar 2022. Laut statistischem Bundesamt könnten im Jahr 2030 in Deutschland bereits fünf Millionen Fachkräfte fehlen. Der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) sieht 52 Prozent der hessischen Wirtschaft schon heute vom Fachkräftemangel bedroht. Allein in Hessen könnten bis 2035 fast eine halbe Millionen Fachkräfte fehlen. Bei einem Bundesland mit sechs Millionen Einwohnern bedeutet das eine Gefahr für Wertschöpfung und Wohlstand.

Mangel trifft Stadt und Land

„Betroffen sind inzwischen nahezu alle Berufsgruppen“, erklärt Friedrich Rixecker, Mitglied der Geschäftsführung der IHK Offenbach am Main. „Gerade kleine und mittelständische Betriebe, die keine großen Recruiting-Abteilungen haben, leiden unter der Situation. Und wir müssen uns hier keine Illusionen machen: Die Engpässe sind in allen Regionen Hessens?zu erwarten und keineswegs nur ein Problem der Metropolen“, sagt er.

Zudem hat Corona den Fachkräftemangel auf lange Sicht verstärkt. Trotz Kurzarbeitergeld und Überbrückungshilfen laufen den Arbeitgebern in Branchen mit hoher Belastung oder langen coronabedingten Schließzeiten, wie Gastronomie, Einzelhandel oder Gesundheitssektor, die Fachkräfte davon. Hinzu kommt, dass weniger junge Menschen in den vergangenen zwei Coronajahren eine duale Ausbildung begonnen haben. ?Hessenweit wurden 2021 zwei Prozent weniger neue Ausbildungsverträge abgeschlossen als 2020. Stadt und Kreis Offenbach verbuchten ein Plus von 5,9 Prozent bei den Ausbildungsverträgen. „Das ist gut und darauf können wir stolz sein, auf Vorcorona-Niveau sind wir aber noch nicht“, sagt Rixecker.

Standortfaktor Fachkraft

Die aktuelle Standortumfrage der IHK Offenbach am Main macht deutlich, dass der Fachkräftemangel das zentrale Thema für viele Unternehmen ist. Mehr als 72 Prozent der befragten Firmen betrachten die Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften als einen besonders wichtigen Standortfaktor.

Es gibt Ideen, dem Szenario von fünf Millionen fehlenden Fachkräften in Deutschland entgegenzuwirken. Laut der Unternehmens- und Strategieberatung Boston Consulting Group könnten etwa 1,6 Millionen Arbeitsplätze durch den Einsatz von Automatisierung und künstlicher Intelligenz wegfallen. Bleiben immer noch 3,4 Millionen fehlende Fachkräfte.

Alle Potenziale im Blick

Die IHK Offenbach am Main hilft ihren Unternehmen Fachkräfte zu finden, zu bilden und zu binden. „Fachkräftesicherung durch Berufsausbildung ist nach wie vor der Königsweg“, sagt der IHK-Geschäftsführer. Die zahlreichen Initiativen der IHK Offenbach am Main zur Berufsorientierung haben das Ziel, junge Menschen für die duale Ausbildung zu begeistern und sie mit Ausbildungsbetrieben in Kontakt zu bringen. Die neue stadt- und kreisweite Berufsorientierungsplattform bündelt diese Angebote (siehe Seite 24).

Auch nach der Ausbildung begleitet das Team Weiterbildung der IHK Offenbach am Main Fachkräfte auf ihrem Karriereweg. Während der Weiterbildungsberatung informiert die IHK anbieterunabhängig, individuell und kostenlos. Der bisherige berufliche Weg, individuelle Entwicklungswünsche, Finanzierungsmöglichkeiten und die Relevanz des Weiterbildungsabschlusses werden betrachtet. „Unsere Weiterbildungsangebote machen fit im Job, verbessern die Qualifikation und ermöglichen eine berufliche Neuorientierung. Davon profitieren die einzelnen Menschen ebenso wie die Unternehmen“, erklärt Heike Klepzig, Teamleiterin Weiterbildung in der IHK Offenbach am Main. Denn das frische Wissen fließt in Prozesse und Projekte ein.

Passgenaue Weiterbildungen konzipiert die IHK zusammen mit Unternehmen, wenn Bedarf an speziell geschulten Fachkräften besteht. 2021 entstand so in Kooperation mit der Videor Academy, Rödermark, der Zertifikatslehrgang „Fachkraft für Video-Sicherheitstechnik“. Gleich im ersten Jahr fand er zweimal statt, war jeweils ausgebucht und hatte Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet. Eine ähnliche Erfolgsgeschichte rankt sich um die „Fachkraft für Modellgestaltung“. Der begehrte Zertifikatslehrgang geht auf eine IHK-Kooperation mit dem Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie e.?V. zurück und fand in den Räumen der Picard Lederwaren GmbH in Obertshausen statt.

Auch die Potenziale von Menschen aus dem Ausland sollten stärker in den Blick genommen werden. Die IHK Offenbach am Main berät bei der Anerkennung von ausländischen Berufs-abschlüssen (siehe Seite 26), so dass Kompetenzen und Qualifikationen sichtbar werden.

www.offenbach.ihk.de/ausbildung-weiterbildung

Autorinnen

Heike Klepzig
Telefon 069 8207-333
klepzig@offenbach.ihk.de


Jana Maria Kühnl
Telefon 069 8207-341
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