Wen es betrifft und was jetzt geschehen sollte
Barrierefrei werden – Ende Juni wird es ernst
Bereits im Juli 2021 wurde das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verabschiedet. Es setzt die Richtlinie (EU) 2019/882 über Barrierefreiheitsanforderungen in nationales Recht um. Zusammen mit der konkretisierenden Verordnung (BFSGV) schafft es die Grundlage für eine inklusive Gesellschaft.
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Das Ziel des BFSG ist es, Hindernisse für Menschen mit Behinderungen abzubauen und eine gleichberechtigte digitale Teilhabe am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Worum geht es?
Das BFSG verpflichtet private Unternehmen, gesetzlich festgelegte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Barrierefreiheit bedeutet, dass diese Angebote für alle Verbraucher (B2C), unabhängig von ihren geistigen oder körperlichen Einschränkungen, zugänglich und nutzbar sind. Das gelingt zum Beispiel durch alternative Darstellungsformen, dank einfacher Bedienung oder Funktionalität mit unterstützenden Technologien wie Vorlesefunktion oder Untertitel.
Gemeint sind vor allem digitale Angebote wie Internetseiten und Apps, aber auch Dienstleistungen in den Bereichen Finanzwesen, Transport und E-Commerce.
Ab dem 28. Juni 2025 müssen alle neuen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein. Für bestimmte Bereiche gelten Übergangsfristen.
Wer ist betroffen?
Die Auswirkungen auf Unternehmen hängen von Branche und Art der Angebote ab: Während für Produkte Anforderungen an die Nutzung gestellt werden, gelten für Dienstleistungen erhöhte Informationspflichten.
Meist ist gefordert, dass Produkte und Dienstleistungen eine Wahrnehmung über mindestens zwei Sinne ermöglichen. Konkrete Produkt- und Dienstleistungsanforderungen ergeben sich aus der Verordnung (BFSGV) sowie den Leitlinien zum BFSG.
Für Hersteller gilt, dass sie das Konformitätsbewertungsverfahren durchlaufen, einen Nachweis darüber durch eine Konformitäts-erklärung erbringen und besonderen Kennzeichnungspflichten nachkommen müssen.
Händler müssen sicherstellen, dass sie nur CE-gekennzeichnete Produkte vertreiben, die den Barrierefreiheitsanforderungen, auch denen ihrer Hersteller und Importeure (B2B), entsprechen.
Dienstleister haben ihre Kunden in ihren AGB über die Barrierefreiheit ihrer Dienstleistung samt deren Funktionsweise zu informieren.
Kleinunternehmen (unter zehn Beschäftigte; Umsatz unter zwei Millionen Euro pro Jahr), die Dienstleistungen erbringen, sind von bestimmten Vorschriften ausgenommen. Gesetzlich verankerte Konformitätsvermutungen erleichtern es, die Anforderungen einzuhalten.
Was passiert bei Nichtbeachtung?
Die zuständige überwachende Behörde kann die Einhaltung der Vorgaben prüfen, anmahnen oder sanktionieren. Wirtschaftsaktivitäten können eingeschränkt oder untersagt, Produkte in Extremfällen zurückgerufen werden. Im Gesetz sind Bußgelder von 10.000 bis zu 100.000 Euro vorgesehen. Verbraucher können Verstöße bei der Marktüberwachungsbehörde melden, Mitbewerber wettbewerbsrechtliche Abmahnungen aussprechen.
Wer bietet Hilfe?
Beim Umsetzen der Vorgaben hilft der neutrale IHK-Partner Beratungs- und Informationszentrum elektronischer Geschäftsverkehr Hessen GbR (BIEG). Die IHK Offenbach am Main biete kostenfreie Onlineseminare an. Die Bundesfachstelle Barrierefreiheit informiert in einer Webinar-Reihe. Auch spezialisierte Kompetenzzentren unterstützen.
Um den Anforderungen rechtzeitig zu entsprechen, empfiehlt sich, schnellstmöglich Know-how zum Thema zu sammeln und die Barrierefreiheit bei den nächsten Anpassungen von Websites, Verträgen oder AGB „gleich mitzuplanen“.
Autor
Simon Peetz,
Rechtsreferendar
IHK Offenbach am Main
Auf dem Weg zur Barrierefreiheit
Eine Basis-Checkliste hält die IHK Offenbach am Main für ihre Mitgliedsunternehmen bereit. Sie kann über recht@offenbach.ihk.de angefordert werden.
Weiterführende Links:
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Kontakt
Andrea Zbiral-Müller
069 8207-225
zbiral@offenbach.ihk.de