Birgit Arens hat bei
Musikhaus André
reingeschaut
Im traditionsreichen Musikhaus André in Offenbach wird Moritz André zum Jahreswechsel die Geschäftsführung von seinem Vater Hans-Jörg André übernehmen. Mit ihm wagt sich die achte Generation ans Ruder.
Moritz und Hans-Jörg André planen keinen radikalen Wandel, sondern eine behutsame Weiterentwicklung des Fachgeschäfts.
Foto: Musikhaus André
Das Musikhaus André ist ein familiengeführtes Fachgeschäft inmitten der Offenbacher Fußgängerzone. Als Verlagshaus – unter anderem von Wolfgang Amadeus Mozart – hat es Geschichte geschrieben. 2024 feiert es sein 250-jähriges Bestehen.
Im Jubiläumsjahr reiht sich eine Veranstaltung an die nächste – Konzerte, Festakt, Ausstellung, Lesungen, Stadtspaziergänge. „Es ist eine erhebliche Zusatzbelastung“, sagt Hans-Jörg André. Da Sohn Moritz schon im Laden mitarbeitet, kann sich der Vater stark auf das Festprogramm konzentrieren und der 28-jährige Junior schon mehr Verantwortung übernehmen.
Moritz André ist selbst Musiker und Produzent. „Ich habe einen starken Bezug zu unserem Laden. Ich bin hier auf- und in die Rolle hineingewachsen. Ich arbeite gerne mit Menschen und bin ein Familienmensch“, charakterisiert er sich selbst. Ein BWL-Studium hat ihn fit für den kaufmännischen Part der Aufgabe gemacht. Die ist nicht unkompliziert, aber Hans-Jörg André ist zuversichtlich: „Der stationäre Musikfachhandel hat heute zwei Probleme: Zum einen bedroht ihn – wie den stationären Einzelhandel insgesamt – der Onlinehandel.“ Das eigene Geschäft sei aber zukunftsfähig aufgestellt: „Früher gab es in Offenbach sechs Musikfachgeschäfte. Heute sind wir als Vollsortimenter allein. Unsere Auswahl und unsere Preise sind gut. Wir bieten fachliche Beratung und das handwerkliche Know-how zum Warten und Reparieren. Kunden können jederzeit wiederkommen. Wir verstecken uns nicht.“ Gerade für Einsteiger sei es schwierig, Instrumente online zu erwerben. Mancher suche mit seinem (Fehl-)kauf anschließend im Musikhaus Rat. „Das Wissen zu den Instrumenten ist online natürlich da“, ergänzt der Sohn, warnt allerdings: „Die Recherche ist mühsam und es gibt viele Fake-Bewertungen.“
Der Vater berichtet weiter: „Das zweite Problem ist die Situation der Innenstädte, in die zu wenig Menschen kommen. Was den Musikfachhandel vor Ort angeht, gibt es deshalb inzwischen viele weiße Flecken in Deutschland. Wir sind froh über unsere Innenstadtlage. Der Branchenmix hat sich hier zwar nicht verbessert, aber Offenbachs Zentrum ist nicht tot. Unsere Kunden sind sozusagen ‚querbeet‘. Offenbachs Vielvölker-Gemisch ist ein Reichtum.“ Besonders lobt er das Engagement der Wirtschaftsförderung: „Die Innenstadt ist Offenbachs Herz und die Stadt fördert sie großartig. Sie achtet darauf, wie Läden vermietet werden, und belebt leerstehende Flächen mit interessanten Zwischenlösungen. Offenbach erfüllt noch die Innenstadtfunktion. Dass weiter Menschen zuziehen, und zwar zum großen Teil aus Frankfurt, belegt, dass Offenbach attraktiv ist.“
Moritz André sammelt eigene Erfahrungen in der Innenstadt: „Ich habe zum Beispiel das Schaufenster unterschätzt, denn ich selbst gehöre ja zur ‚Generation Internet‘“, sagt er. „Es gibt Kunden, die man über das Schaufenster in den Laden locken kann.“ Den Internetauftritt will er zum virtuellen Schaufenster entwickeln. Er feilt an der Suchmaschinenoptimierung und baut den Click & Collect-Shop aus, in dem Waren online bestellt werden, um sie anschließend im Laden abzuholen. „Das ganze Sortiment wird der Shop nicht abbilden“, erklärt er, denn bei André gibt es unzählige Artikel von der Nasenflöte zu 2,50 Euro über Ersatz- und Zubehörteile, Noten, Verstärker, weiteres elektronisches Equipment, Schlagzeuge, Blas- und Saiteninstrumente bis zu unterschiedlichsten digitalen Keyboards und Pianos. Um den Einstieg ins Musizieren erschwinglicher zu machen, bietet das Musikhaus auch gebrauchte Instrumente und solche zum Mieten an. Diese Services will Moritz André erweitern und online besser zugänglich machen.
Einen radikalen Wandel strebt der neue Geschäftsführer nicht an. Wie sein Vater ist er vom Vollsortiment überzeugt. Er kann sich vorstellen, Musikfachhändler auszubilden. Auch das hat Tradition bei André und ist Einstellungsvoraussetzung. Außergewöhnliche Investitionen plant Moritz André nicht. Es muss immer investiert werden – sind sich Vater und Sohn einig. Mehr Umsatz sei natürlich willkommen, aber weder soll der Laden größer werden noch wünscht sich der Nachfolger einen weiteren Standort. „Ich will einen freien Kopf behalten“, steht für Moritz André fest.
250 Jahre Musikverlag Johann André
Zum großen Jubiläum wurde viel Wissenswertes zusammengetragen und aufbereitet. Wie das Programm zum Jubiläum, das bis Ende des Jahres reicht, sind die Informationen im Internet verfügbar.