Wer mehr als 50 Mitarbeiter hat, muss handeln

Zuverlässiger Schutz für Hinweisgeber

Mitarbeiter, die Verstöße gegen geltendes Recht bemerken und melden, sollen besser als bisher geschützt werden. Das sieht die EU-Hinweisgeberrichtlinie vor. Demnächst wird sie in Deutschland mit einem Gesetz realisiert.

„Whistleblower“, also Hinweisgeber zu Rechtsverstößen, sollen zukünftig besser geschützt werden. / Foto: Rawf8 – stock.adobe.com

Wer die Skandale bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Frankfurt, Wilke-Wurst oder der Wohnungsbaugesellschaft Mönchengladbach verfolgt hat, weiß, dass sie große Reputationsschäden mit sich bringen. Gewöhnlich haben nur Konzerne die finanziellen Reserven, um solche Situationen mit einem blauen Auge zu überstehen. Für kleinere und mittelständische Unternehmen ist das Risiko größer. Ihnen stellt sich immer wieder die Frage, wie sie die Gefahr reduzieren können, dass ein Mitarbeiter mit bewussten oder unbewussten Gesetzesverstößen das Schicksal des gesamten Unternehmens aufs Spiel setzt und wie im Einzelfall mit der Veröffentlichung von Interna umzugehen ist.

Mittelständler in der Pflicht

Auf der Basis der EU-Richtlinie zum „Whistleblowing“ vom 16. Dezember 2019 liegt inzwischen der notwendige Entwurf für ein deutsches Hinweisgeberschutzgesetz vor. Es soll noch in diesem Jahr in Kraft treten. Danach sind Menschen geschützt, die Verstöße gegen das geltende Recht melden beziehungsweise veröffentlichen und deswegen auch als Hinweisgeber oder Whistleblower bezeichnet werden. Mitarbeiter sollen also die Möglichkeit bekommen, solche Verstöße dem eigenen Unternehmen intern anonym zu melden. Darum verpflichtet die Richtlinie Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern, Meldekanäle einzurichten und Verfahren zu etablieren, nach denen Hinweise bearbeitet und Folgemaßnahmen gesteuert werden. Ergänzend soll es möglich sein, Behörden zu informieren. Gerade Mittelständler sind betroffen und sollten Folgendes beachten:

  • Schriftliche oder mündliche Hinweise müssen erfasst werden.
  • Meldungen sollen sowohl mit Namensnennung als auch anonym möglich sein.
  • Hinweise können alle Personen geben, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit mit dem Unternehmen in Kontakt stehen – das heißt eigene Mitarbeiter, externe Geschäftspartner und deren Mitarbeiter.
  • Informationen zu den Meldemöglichkeiten und dem Verfahren müssen klar und leicht zugänglich sein, zum Beispiel über die Unternehmenswebseite.
  • Beim Bearbeiten der Hinweise muss die Vertraulichkeit des
    Hinweisgebers gewahrt bleiben.
  • Alle rechtlichen Bedingungen des Datenschutzes beziehungsweise der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind unbedingt einzuhalten.

Für mittelständische Unternehmen ist es oft sinnvoll, die professionelle, vertrauliche und effiziente Bearbeitung von Hinweisen an externe Dienstleister zu übertragen.

Die richtigen Wege anbieten

Es gibt nicht „die eine“ richtige Hinweisgeberlösung, sondern nur die richtige für das jeweilige Unternehmen. Gängige Meldekanäle sind:

  • Callcenter – Kommunikation von Mensch zu Mensch
  • Ombudsperson – vermittelnde Stelle zwischen den Parteien
  • Briefkasten – Kommunikation meist nur in eine Richtung
  • Digitale Hinweisgeber-Tools – Echtzeit-Chat und die Möglichkeit, Hinweise jederzeit von jedem Ort mit jedem internetfähigen Gerät mündlich/schriftlich zu geben.

In der Praxis haben sich digitale Lösungen bewährt.

Der Stichtag naht

Die EU-Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern muss bis Ende 2021 in Deutschland, Österreich und allen anderen EU-Ländern umgesetzt werden. Allein in Deutschland betrifft dies rund 100.000 Unternehmen. Die Erfahrungen bei der Einführung der DSGVO haben gezeigt, dass es sinnvoll ist, nicht auf den letzten Drücker zu starten, da es dann zu Engpässen auf der Anbieterseite kommen kann.

Deshalb sind alle Unternehmen gut beraten, frühzeitig ein anonymes Hinweisgebersystem in ihrem Unternehmen einzuführen.

Autor

Dr. Thomas Altenbach
Geschäftsführer Legaltegrity GmbH
Rechtsanwalt bei AC Tischendorf PartmbB
altenbach@legaltegrity.com

Veranstaltungstipp

IHK-Webinar zum Hinweisgeberschutzgesetz

Termin: 10.06. ab 9 Uhr

www.offenbach.ihk.de/E12906

Kontakt

Marianna Kartziou
Telefon 069 8207-222
kartziou@offenbach.ihk.de