Birgit Arens hat bei

CreativHäuser eG

reingeschaut

Nicht nebeneinander wohnen, sondern miteinander leben, arbeiten und kreativ sein – darum geht es der CreativHäuser eG aus Offenbach. Bisher hat die 2018 gegründete private Wohnbaugenossenschaft zwei Objekte erworben. Weitere sollen dazukommen.

V. l. Arno Seger, Barbara Rumpf und Christina Preuß sind Mitglieder im Vorstand der CreativHäuser eG. Auf den Baustellen legen sie selbst Hand an. / Foto: Arens/IHK

Noch wirkt die ehemalige Maschinenfabrik Hau in Offenbach Bürgel nicht heimelig: viel roher Stein, abgetragene Bodenbeläge, teilweise fehlen Dächer. In ungefähr zwei Jahren will eine 20-köpfige Wohngruppe einziehen. Einige Entkernungs- und Aufräumarbeiten haben Genossenschaftsmitglieder selbst übernommen. Sobald alle Genehmigungen vorliegen, werden Profis umsetzen, was gemeinsam mit Architekt Frank Andres von der Konzept-Werkstatt in Mühlheim geplant wird.

Das weitere Objekt der CreativHäuser eG ist die ehemalige Ricker-Fabrik in der Bieberer Straße in Offenbach. Unterstützung gab es von der Berliner Stiftung Umverteilen!: Sie hat das Gelände gekauft, in ein Erbbaupacht-Grundstück umgewandelt und an die Genossenschaft verpachtet. Einzug soll im Herbst 2023 sein. Von Eltern um die 30 mit Kindern, über Paare und WGs bis zum rüstigen 80-Jährigen werden alle Wohnraum bekommen, der ihren Bedürfnissen entspricht und der auf Dauer bezahlbar bleibt. Nach weiteren geeigneten Immobilien mit Platz für je mindestens zehn Menschen hält die Genossenschaft Ausschau. „Wir suchen bewusst Bestandsgebäude, denn ­wir möchten vorhandene Ressourcen nutzen und nicht die grüne Wiese versiegeln“, erklärt Christina Preuß. Sie ist Mitglied des Genossenschaftsvorstands und der Wohngruppe Hau. Barrierefreiheit werde für alle Objekte ebenso angestrebt wie nachhaltige Energiekonzepte, die günstige Betriebskosten ermöglichen. „Wir bieten nicht nur Wohnraum, sondern lebendige Gemeinschaften“, beschreibt Barbara Rumpf, Mitglied des Aufsichtsrats und der Wohngruppe Hau, die zugrunde liegende Idee. Wer in eins der CreativHäuser-Objekte einzieht, hat mit der eigenen Wohnung einen Rückzugsraum, aber auch intensiven Kontakt zu den anderen Mitgliedern der Wohngruppe. „Wir geben aufeinander acht. Aufgaben zu übernehmen und gebraucht zu werden hält fit und glücklich“, versichert sie.

Die Hau-Fabrik steht im alten Kern von Bürgel, wo Geschäfte, Ärzte, eine Apotheke, Gaststätten und Handwerker angesiedelt sind. Der Bus hält um die Ecke. Der Main mit Rad- und Spazierwegen ist nah. Zusätzlich zu den Wohneinheiten wird es Gemeinschaftsräume, eine Gästewohnung, einen für alle nutzbaren Außenbereich und im Nebengebäude ein öffentlich zugängliches Kultur-Café geben. Aus der Nachbarschaft sei Interesse an der Mitarbeit im Café signalisiert worden. „Wir werden das Quartier beleben und der Vereinsamung der Menschen entgegenwirken“, ist Preuß überzeugt. Auch zukünftige Objekte sollen Flächen für Veranstaltungen haben. „Die CreativHäuser eG möchte als fester Bestandteil der Offenbacher Kunst- und Kulturszene eine sichtbare Rolle spielen“, heißt es auf der Website der Genossenschaft. Sie kooperiert zum Beispiel mit dem Offenbacher Kulturverein ArtVista. Zum Austausch mit Nachbarinnen und Nachbarn werden auch Angebote zum Ausleihen und Reparieren von Haus- und Gartengeräten anregen.

Wer so leben und wohnen möchte, muss die Vorstellungen und Ideale der Genossenschaft mittragen und sich um die Mitgliedschaft bewerben. In Aussicht steht ein genossenschaftliches Dauerwohnrecht zu einer „Kostenmiete“, die ausschließlich die Betriebs- und Finanzierungskosten, Rücklagen und Verwaltungskosten decken soll. „Wir gehen von 12 bis 13 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete aus. Diese Miete ist für viele Menschen zu hoch. Das bringt uns in das Dilemma, dass wir uns sozial nicht öffnen können“, bedauert Arno Seger, der auch dem Vorstand angehört und als Mitglied der Wohngruppe Ricker bald umziehen kann. Er stellt klar: „Es soll jedenfalls nicht gewinnorientiert vermietet werden. Unser Gewinn ist die Lebensqualität.“ Dank des Energiekonzepts sei eine kaum höhere Warmmiete zu erwarten.

Die Aufnahmegebühr in die Genossenschaft beträgt derzeit 2.000 Euro. Darüber hinaus müssen Anteile im Wert von mindestens 5.000 Euro erworben werden. Dieses Geld fließt mit Darlehen und Sponsorengeldern in den Topf, aus dem die Projekte finanziert werden. „Für die Darlehensverträge wurden langfristige Laufzeiten und niedrige Tilgungsraten vereinbart. Die erste Bewohner-Generation muss keine Schuldenfreiheit erreichen. Die Objekte sollen genossenschaftlich bleiben und nicht mehr verkauft werden“, sagt Seger. Damit das gelingt, wünscht sich die CreativHäuser eG weitere Mitglieder und Unterstützer, vor allem aber Rückendeckung durch die Politik für eine Wohn- und Lebensweise, der angesichts der demographischen Entwicklung immer größere Bedeutung zukommt.

www.creativhaeuser.de